Psychotherapie - Fragen und Antworten

Was ist Psychotherapie?

Nicht jeder Austausch über psychische Schwierigkeiten ist schon Psychotherapie. Im Alltag werden unzählige Gespräche über berufliche, partnerschaftliche, soziale oder emotionale Probleme geführt (z.B. mit Partnern, Angehörigen, Freunden, Kollegen). Es wäre unzutreffend, all diesen Gesprächen eine therapeutische (also heilende) Bedeutung zuzusprechen.

Psychotherapie bedeutet wörtlich übersetzt „Behandlung der Seele“ bzw. von seelischen Störungen mit verschiedenen psychologischen Methoden (im Gegensatz zu medikamentöser Therapie). Es geht dabei um einen bewussten und geplanten Prozess, dem wissenschaftlich anerkannte Theorien und klinische Erfahrungen zugrundeliegen. Psychotherapie darf nur von Personen angewandt werden, die hierfür eine qualifizierte Ausbildung absolviert haben und eine behördliche Anerkennung besitzen.

Behandelt werden psychische Störungen mit Krankheitswert, die einen entsprechenden Leidensdruck erzeugen (z.B. Depressionen, Angstzustände, Essstörungen, Süchte, Zwänge, psychosomatische Beschwerden). Ziel der Therapie ist es, die psychische Störung zu heilen und entsprechende Symptome aufzulösen oder zumindest das Leiden daran zu vermindern.

Wann ist Psychotherapie sinnvoll?

Wer an seelischen Problemen leidet und diese nicht alleine oder mit Unterstützung seines Umfeldes bewältigen kann, sollte sich (wie bei körperlichen Erkrankungen) nicht scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Dies gilt vor allem, wenn die seelischen Beschwerden schon längere Zeit bestehen oder sich sogar verschlimmern. Zu den häufigsten Beschwerden zählen Bedrücktheit, Freudlosigkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen, mangelndes Selbstwertgefühl, Ängste, Befürchtungen, Zwänge, Suchtmittelkonsum (Alkohol, Medikamente, Drogen). Nahezu die Hälfte der Bevölkerung ist im Lebensverlauf mindestens einmal von einer psychischen Erkrankung betroffen, wobei Depressionen und Angststörungen besonders häufig vorkommen. Ein Drittel aller Patienten, die wegen körperlicher Beschwerden einen Arzt aufsuchen, leidet an einer seelischen Störung. Meist ist der subjektive Leidensdruck der Anlass, eine Psychotherapie aufzunehmen.

Welche psychotherapeutischen Verfahren gibt es?

In Deutschland werden drei Therapieformen von den Kostenträgern (gesetzliche oder private Krankenversicherung, Beihilfestellen) anerkannt und demgemäß erstattet. Diese Verfahren bauen auf ein breites Fundament theoretischer und klinischer Erkenntnisse und haben ihre Wirksamkeit wissenschaftlich in zahlreichen Studien nachgewiesen. Welche Therapie für einen Patienten mit einer bestimmten Störung besonders erfolgversprechend ist, kann vom Laien nur schwer beurteilt werden. Dazu ist der Rat eines Experten notwendig, der unter Berücksichtigung vielfältiger Umstände die geeignete Methode herausfinden kann.

Was ist analytische Psychotherapie (Psychoanalyse)?

Diese Methode wurde von Sigmund Freud, dem Entdecker und Erforscher des Unbewussten, begründet. Sie ist das älteste psychotherapeutische Verfahren seit über 100 Jahren und wird bis heute fortlaufend weiterentwickelt und aktualisiert (z.B. in Form der Psychologie nach C.G. Jung). Ziel der analytischen Behandlung ist es, verdrängte Gefühle und Erinnerungen, die eine gesunde Weiterentwicklung und Selbstentfaltung blockieren und zu seelischen Störungen führen, bewusst zu machen. Sowohl die Ursachen als auch die Lösungsmöglichkeiten für gegenwärtige Probleme und Beschwerden wären demnach im Unbewussten zu finden. In der Therapie sollen verdrängte, frühere Konflikte und prägende Ereignisse bewusst gemacht, wieder durchlebt und verarbeitet werden. Damit wird die Heilung der aktuellen Symptome und der psychischen Störung erreicht. Weiterentwicklungen der Psychoanalyse zielen zudem darauf ab, die im Unbewussten gebundenen und in der Lebensgeschichte zu wenig geförderten Selbstheilungskräfte zu entfalten und damit eine grundsätzliche Weiterentwicklung und Reifung der Persönlichkeit zu ermöglichen. Dieser umfangreiche Entwicklungsprozess wird in der Therapie durch spezielle Techniken und die besondere Beziehung zwischen Therapeut (Analytiker) und Patient (Analysand) erreicht. Analytische Therapien werden in der Regel mit zwei bis drei Wochensitzungen, die meist im Liegen stattfinden, für eine Dauer von ein bis drei Jahren durchgeführt.

Was ist tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie?

Diese Therapieform wurde aus der Psychoanalyse heraus entwickelt und beruht auf ähnlichen theoretischen und praktischen Aspekten. So wird auch in der tiefenpsychologischen Psychotherapie davon ausgegangen, dass den aktuellen Problemen und Beschwerden verdrängte und damit unbewusste frühere Konfliktsituationen und belastende Lebenssituationen zugrunde liegen. Allerdings konzentriert sich diese Therapiemethode auf die Bearbeitung begrenzter, zentraler Konflikte. Wie in der Psychoanalyse soll der Patient auch hier Einsichten gewinnen und Zusammenhänge sowie Ursachen seiner aktuellen Probleme erkennen. Damit können wiederum Symptome und psychische Störungen geheilt oder gebessert werden.
Wegen der bewussten Begrenzung des Vorgehens findet tiefenpsychologische Psychotherapie in der Regel ein bis zweimal wöchentlich statt, wobei Patient und Therapeut sich gegenüber sitzen. Der Umfang dieser Methode beläuft sich auf 25 bis 100 Sitzungen und dauert dementsprechend etwa zwischen sechs und 24 Monaten.

Was ist (kognitive) Verhaltenstherapie?

In der Verhaltenstherapie wird davon ausgegangen, daß Menschen ihr Verhalten, Erleben sowie Denkmuster im Laufe ihrer Entwicklung erlernen. Psychische Erkrankungen entstehen dann, wenn diese erlernten Muster problematisch, unzureichend oder unangemessen werden, sodass sie Krankheitssymptome und Leidensdruck verursachen. In der Therapie sollen diese Verhaltensweisen identifiziert und (auch durch praktische Übungen) modifiziert bzw. aufgelöst werden.
Verhaltenstherapie findet in der Regel wöchentlich oder zweiwöchentlich mit einer Sitzung statt und kann von ca. 25 bis 60 Stunden dauern.

Welche anderen Therapieverfahren gibt es?

Psychoanalytische Psychotherapie, tiefenpsychologische Psychotherapie und Verhaltenstherapie werden überwiegend als Einzeltherapien durchgeführt. Sie können jedoch auch im Rahmen einer Gruppentherapie angewandt werden, bei der in der Regel fünf bis acht Teilnehmer mit dem Therapeuten zusammen sitzen. Dadurch ergeben sich erweiterte Möglichkeiten im Heilungsprozess, die darauf beruhen, dass jeder Teilnehmer seine Probleme und Beschwerden einbringen kann, die dann konstruktiv gemeinsam verstanden und gelöst werden können. Dazu zählen auch konfliktreiche oder destruktive Beziehungsmuster, die in der Gruppe zwischen den Teilnehmern wiederbelebt und bearbeitet werden können (insbesondere in tiefenpsychologischen oder analytischen Verfahren).

Neben diesen drei grundsätzlichen Therapieverfahren (als Einzel- oder Gruppentherapie) werden noch Therapieangebote von den gesetzlichen und privaten Versicherungen bzw. Beihilfestellen finanziert, die für sich alleine oder in Ergänzung angewandt werden können. Dazu zählen Entspannungsverfahren, wie das Autogene Training oder die Progressive Muskelrelaxation nach Jacobson, die Anwendung von Hypnose oder therapeutische Gespräche im Rahmen der „ psychosomatischen Grundversorgung“.

Weitere Therapiemethoden, die ebenfalls wissenschaftlich erforscht und anerkannt sind, aber nicht von den Versicherungen übernommen werden, sind die Gesprächspsychotherapie oder klientzentrierte Psychotherapie, die systemische Therapie und die Gestalttherapie.

In der Gesprächspsychotherapie wird davon ausgegangen, dass der Patient sein eigener Experte ist und damit am besten weiß, was ihm gut tut. Durch die psychische Beeinträchtigung kann jedoch der Zugang zu diesem Wissen blockiert oder eingeschränkt sein. Der Therapeut mit seinem Einfühlungsvermögen hilft dem Patienten, die Beeinträchtigungen zu bewältigen und damit den Zugang zu seinem „inneren Wissen“ wieder herzustellen.

In der Systemischen Psychotherapie wird der Fokus auf das familiäre oder soziale System gelegt, in der ein Patient lebt. Dabei wird das System als Ressource verstanden, die besondere Fähigkeiten und Stärken einer Person hervorbringen kann. Ebenso kann das System jedoch auch persönliche Beeinträchtigungen bewirken. Diese Zusammenhänge zu erkennen und hilfreich zu nutzen, ist die gemeinsame Aufgabe von Patient und Therapeut.
In der Gestalttherapie wird darauf abgezielt, das Bewusstsein des Patienten für seine Emotionen, Beziehungen und Verhaltensmuster zu fördern, um damit Selbstfürsorge und Selbstentwicklung anzuregen.