Wie läuft eine Psychotherapie ab?
Psychotherapie umfasst grundsätzlich verschiedene Prozesse, die sich vom ersten Kontakt (Erstgespräch) über die Probesitzungen, die eigentliche Therapie und die Beendigungsphase erstrecken.
Das Erstgespräch dient einerseits der Informationsgewinnung zu diagnostischen und therapeutischen Zwecken, sowie der Beratung des Patienten und einer ersten Einschätzung, ob eine Psychotherapie in Frage kommt und welches Verfahren ggf. sinnvoll erscheint. Zur Sprache kommen dabei die aktuellen Beschwerden, der Beginn der ersten Symptome, die Frage nach den belastenden Lebensumständen sowie ein erster Einblick in die lebensgeschichtliche Entwicklung (Biografie). Gleichzeitig dient das Erstgespräch dazu, sich einen Eindruck vom Gegenüber zu machen und herauszufinden, ob der persönliche Kontakt positiv erlebt werden kann, also „die Chemie stimmt“, um sich eine weitere Zusammenarbeit vorzustellen.
Erstgespräche werden meist als „probatorische Sitzungen“ bis zur endgültigen Entscheidung für eine bestimmte Therapieform eingesetzt.
Bis zur endgültigen Entscheidung, welche Psychotherapie bei welchem Therapeuten in Frage kommt, können fünf (für die Tiefenpsychologie oder Verhaltenstherapie) bis acht (für die Psychoanalyse) weitere, sogenannte „probatorische“ Sitzungen wahrgenommen werden, die von den Krankenversicherungen übernommen werden.
Im weiteren Therapieverlauf („Arbeitsphase“) festigt sich die therapeutische Beziehung und es kommen die therapeutischen Techniken zur Anwendung, die dem jeweiligen Verfahren zugrunde liegen.
Im Mittelpunkt der Arbeit steht dabei der Patient mit seinen Beschwerden, seiner Sicht der Dinge, mit dem, was er glaubt, sieht, denkt oder fühlt. Der Therapeut soll das Gefühl vermitteln, dass alles offen angesprochen werden kann, ohne bestimmte Erwartungen, ohne Bewertungen und ohne jegliche Kritisierung.
Die Arbeitsphase läuft darauf hinaus, neue Denkweisen, neue Deutungen und Einsichten zu gewinnen, um auf diesem Weg eine Heilung der psychischen Störung oder zumindest einen Rückgang der Symptome und des Leidensdruckes zu erreichen. Neben der Vermittlung neuer Einsichten und einem Verstehenszugang zu den psychischen Problemen sollte der Therapeut auch Fähigkeiten und Stärken erkennen helfen und damit Motivation und Chancen zu einer persönlichen Weiterentwicklung unterstützen.
Entsprechend der angewandten Psychotherapiemethode wird der Therapeut bestimmte Techniken und Verhaltensmuster in den Sitzungen anwenden. Unabhängig von der Therapieausrichtung sollten Therapeuten bemüht sein, die Auseinandersetzung mit alten oder neuen Gefühlen und die Umsetzung neuer Verhaltensweisen zu unterstützen. Sie können dabei Einsichten fördern, stützen, motivieren, ermutigen, aber auch sinnvoll konfrontieren.
Im Laufe einer Therapie kann sich vieles verändern. Wenn die angestrebten Therapieziele erreicht sind (u.a. Verschwinden oder Rückgang der anfänglichen Symptome, Heilung der seelischen Störung, Verbesserung der Beziehungsfähigkeit zu sich selbst und anderen, Persönlichkeitsentwicklung- und reifung), ist der Zeitpunkt zum Beenden gekommen.
In der Beendigungsphase der Therapie geht es darum, Abschied zu nehmen von den vertrauten Sitzungen und dem Therapeuten. Vielleicht macht auch ein Rückblick über den Verlauf und die erreichten Veränderungen Sinn. Gleichzeitig kann ein Blick in die Zukunft helfen, mögliche Schwierigkeiten nach der Beendigung vorwegzunehmen und dafür Lösungen zu überlegen. Die Länge dieser Beendigungsphase hängt von den individuellen Bedingungen und der gewählten Therapiemethode ab. Meist wird dabei der Abstand zwischen den Sitzungen verlängert und ggf. ein späterer Termin für eine Nachbesprechung eingeräumt.
Welche Voraussetzungen muss ich mitbringen?
Manche Menschen scheuen sich davor, bei psychischen Problemen professionelle Unterstützung anzunehmen. Der Schritt zu einem Psychotherapeuten ist oft mit Vorurteilen und Ängsten verbunden, manchmal auch mit dem Gefühl, persönlich versagt zu haben.
Vor allem depressive Menschen neigen dazu, sich selbst die Schuld an ihren Problemen zu geben anstatt fachkundliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Oft verzögert auch die Vorstellung, die Schwierigkeiten und das psychische Leiden irgendwie aus eigener Kraft zu lösen, den Weg zum Therapeuten. Unbehandelte psychische Erkrankungen können eine negative Eigendynamik entwickeln, weitere Gesundheitsprobleme auslösen und es damit noch schwerer machen, die Störung zu überwinden.
Umso wichtiger ist die „Entscheidung für den ersten Schritt“, also einen Beratungstermin (Erstgespräch) bei einem Therapeuten zu vereinbaren. Dies verlangt oftmals eine ausreichende Portion Mut sowie die Motivation, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Aus dem Erstgespräch können sich dann die weiteren Schritte ergeben, die zur geeigneten Therapie führen.
Konflikte und psychische Probleme können nur dann bewältigt bzw. gebessert werden, wenn der Patient ausreichend motiviert ist. Es muss die ernsthafte Bereitschaft bestehen (ggf. in den ersten Sitzungen entwickelt werden), „in sich zu gehen“, und über sich nachzudenken. Ein wichtiger Aspekt für eine erfolgreiche Therapie ist auch die Motivation, sich über eine längere Zeit mit unangenehmen Erfahrungen und Gefühlen auseinanderzusetzen. Für eine konstruktive ambulante Therapie ist außerdem ein Mindestmaß an psychischer Stabilität notwendig. Andernfalls kann eine vorgeschaltete stationäre Psychotherapie oder der Einsatz von Psychopharmaka von Vorteil sein.